Grbavica

Im Vorspann zu Grbavica fährt die Kamera über die Gesichter von schlafenden Frauen, es ist nicht ganz klar, was das für eine Szene ist, warum sie alle auf Teppichen sehr dicht beieinander liegen und schlafen. Esma ist alleinerziehende Mutter von Sara. Sie näht für Bekannte und nimmt noch einen Job in einer wüsten Bar an, um das Geld für Saras Klassenfahrt zusammen zu bekommen. Kinder von Kriegshelden dürfen verbilligt an der Klassenfahrt teilnehmen. Sara nimmt an, sie sei Kind eines Helden und verlangt von der Mutter die Bescheinungung, aber diese weicht aus. Für die Zuschauerin ist sehr schnell klar, dass Esma traumatische Erlebnisse mit sich herumträgt: der Anblick gewisser Gäste in der Bar und deren Umgang mit ihren Kolleginnen löst Panikanfälle aus – wobei die Beklemmung auch für die nicht traumatisierte Zuschauerin sehr deutlich spürbar wird.

Die lässt über den Rest des Films keinen Moment mehr nach, denn alle Personen haben vom Krieg Schäden davongetragen, und das wird in jeder Szene deutlich: im Frauenzentrum, in dem Frauen die Gelegenheit haben, über ihre Erfahrungen zu sprechen, im Gespräch zwischen Esma und ihrem neuen Kollegen, dem Bodyguard des Barbesitzers, über das Identifizieren von Leichen aus den immer neu geöffneten Massengräbern, wenn Sara immer und immer wieder auf der Heldenbescheinigung beharrt, bis Esma ihr die Wahrheit buchstäblich um die Ohren haut: sie ist das Kind einer Vergewaltigung in einem Lager. Der Schluss ist verhalten versöhnlich – erst wenn die Wahrheit ausgesprochen ist, ist es möglich damit anzufangen mit schrecklichen Erfahrungen fertig zu werden. Dass der Film deutlich macht, dass das nur der erste Schritt sein kann, macht ihn umso beeindruckender.

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