Kino auf Dienstreisen – Teil 2

Der zweite Kinoausflug ging ins Theatiner Kino. Am Freitag fragte der Kursteilnehmer, der eigentlich in München-Filmen auftreten sollte, ob ich vielleicht Jesse James gesehen hätte; als ich erzählte, ich sei in Odette Toulemond gewesen, fand er, das sei wahrscheinlich ein Film für seine Frau gewesen. Lustig, genau so einen hätte er im Film spielen müssen: einen, der keine "Mädchenfilme" guckt.

Odette heißen nur Pudel, Pudel und sie, erklärt Odette ihrem Idol, dem Bestseller-Autor Balthasar Balzan beim zweiten Zusammentreffen, bei dem sie ihm auch einen Brief zusteckt. Der Autor hat eine Schaffenskrise, weil ein Kritiker sein neuestes Werk als Schrott für Verkäuferinnen und Frisösen schmäht. Er sucht die Verfasserin des Briefs, für deren Leben seine Werke wirklich Bedeutung haben, und bittet um Unterschlupf für ein paar Tage, der natürlich gewährt wird.

Odette lebt mit ihren fast erwachsenen Kindern – der Sohn ein freundlicher schwuler Frisör, die Tochter arbeitslos und mit ekligem Freund – zusammen und liebt immer noch ihren vor zehn Jahren verstorbenen Mann. Sie arbeitet in der Kosmetikabteilung eines Kleinstadtkaufhauses, hat eine furchtbar kitschige Mini-Wohnung und ist so sympathisch wie authentisch als Frau Jederfrau. Ab und an fängt sie an zu singen – sie kann sozusagen gar nicht anders – und strahlt noch mehr plakative Heiterkeit aus. Etwas unangenehm fand ich allerdings die Stellen, wo Odette sich über die profane Welt erhebt und zu schweben beginnt. Ja, ich weiß, das ist symbolisch gemeint, aber ich habs halt nicht so mit der ganz dick aufgetragenen Symbolik. Klar, dass der Autor in dieser Umgebung etwas ins Grübeln gerät, was die Authentizität seines eigenen Lebens angeht.

Vermutlich habe ich mir den Film vor allem deshalb ausgesucht, weil er am Morgen im Radio so bejubelt wurde und mir das Kino von außen gefallen hat. Es gibt eine Reihe lustiger Stellen, die Normalität des Andersseins wird in den Personen des Sohns und der etwas exzentrischen Nachbarn gewürdigt, aber insgesamt ist es eben nicht mehr als ein – bis auf die Flugnummern – ganz netter kleiner Film, heiter und ziemlich absehbar.

Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:


DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner