Spuren

Neulich auf der Karl-Marx-Straße, ungefähr vor Orsay, ein knallroter Klecks auf dem Bürgersteig. Da vorne ist noch einer. Schöne rote Farbe. Kirschmarmelade vielleicht, oder Tomatensaft? Wirkt nicht flüssig, also eher Marmelade. Und sowas: da, noch ein Fleck! Ganz leuchtend hellrot, sieht richtig hübsch aus. Anderthalb Schritte weiter: noch einer. Man könnte fast glauben, jemand hatte in der linken Hand eine lecke Tüte, aus der bei jedem Schritt ein bisschen Marmelade tropft. Man kann sogar richtig den Fußabdruck erkennen. Jetzt sind wir schon bei C&A. An der Ampel ein größerer Fleck, hier hatte die Person wohl Rot. Dass die nichts gemerkt hat? Eine rote Spur auf der Straße – im Kino würde man jetzt glauben, das sei Blut. !Blut!? Hier ist die Person ganz nah an der Mauer der alten Post langgegangen. Bei Früher-Sinn-Leffers rein? Nein, gerade vorbei, an der Sparkasse auch. Klar, da vorne ist doch eine Apotheke! Der Blick hebt sich vom Spurenlesen nach oben: vor der Apotheke leert eine Frau gerade einen Eimer Wasser aus und schrubbt den Gehweg… Die Spur verschwindet im Wasser. Ist Nachfragen jetzt lächerlich? Nein, es muss sein: "Sagen Sie mal – ist das eine Blutspur?" "Ja, jemand hat sich verletzt". Schrubb schrubb.

Auf dem Rückweg – die Spur ist jetzt nicht mehr so schön hellrot – verfolge ich die Schritte zurück: Sparkasse, Sinn-Leffers, Ampel, C&A, Orsay, Erkstraße, Rathausplatz, Ampel zum U-Bahn-Eingang. Da hört sie auf. Keine Spur zum Rathaus, keine in die U-Bahn, keine Geradeaus.

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