The Dark Side

Der Film The Dark Side ist so entstanden: der Regisseur Warwick Thornton annoncierte einen Aufruf, selbst erlebte Geschichten über Kontakte zum Jenseits zu melden „The scarier the better“. Erhielt 180 Rückmeldungen – interessanterweise waren die meisten aber gar nicht zum Fürchten – und begann, sich die Geschichten erzählen zu lassen. Für seinen Film, hat er aber nicht einfach die Originalerzählungen zusammen geschnitten – das wäre viel zu langweilig geworden – sondern er lässt sie von SchauspielerInnen in interessanten Settings erzählen.

Im Katalog nicht erwähnt ist die junge Frau, die mehrfach ihre Großmutter hörte. Sie stand ihr bei, als ihre kleine Nichte als Säugling im Krankenhaus starb und übernahm sie praktisch in ihre Obhut. Dann gab es den LKW-Fahrer, der als Kind in einem verlassenen Haus gewohnt hatte und nachts grässliche Geräusche hörte. Die Nachbarin klärte dann auf, dass das Haus einem Rassisten gehört hatte, der es nicht mochte, dass Aborigine-Leute dort wohnten – er würde sie nachts auch öfter piesacken, sei sonst aber ok.

Eine der besten Geschichten wird aus dem Off von einer Frau erzählt, die bei einer Überlandfahrt ein Mädchen alleine an einem Zaun entlang gehen sieht. Weil es schon spät ist, bringt sie ihren Mann dazu umzukehren, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist. Sie finden das Mädchen nicht, sondern einen kleinen Jungen, der seiner Familie abhanden gekommen ist, nehmen ihn mit in den nächsten Ort, wo er wohnt, und geben ihn bei seiner Familie ab. Als die Frau nach dem Mädchen fragt, antworten die Leute, das sei kein Mädchen, sondern der Schutzgeist des Jungen gewesen. Dazu sieht man, wie ein Maler ein sehr großformatiges Bild malt, mit dem Geist des Mädchens (vielleicht ist es auch ein anderes Mädchen, aber wir hören schließlich eine Geschichte dazu) in einer großen Landschaft.

Das Bild im Katalog fällt etwas heraus, es ist ein Junge, der einen modern-traditionellen Tanz tanzt. Der Tanz entstand in den 70ern, nachdem ein Mann mit dem Kanu aufs Meer gefahren und schon tot war. Er traf ein Kind, das ihn durch ein Labyrinth zurück in die Welt führte, und wurde tatsächlich wieder ans Ufer getrieben. Danach wurde dieser Tanz entwickelt, der für den Anlass steht, dass jemand zu früh im Jenseits landet und wieder zurück in die Welt geführt wird.

Warwick Thornton ist eigentlich schon fast auf dem Weg zum Flughafen, vorher beantwortet er aber noch Publikumsfragen. Er schafft es, nüchternen Europäerinnen vollkommen plausibel zu machen, dass für die australischen Aborigines der Kontakt zu Verstorbenen selbstverständlich ist. Und nicht nur das: auch wir könnten ja unsere Geschichte wiederfinden „Go back as far as you can and dance that dance“. Selbst ist er jedenfalls entschlossen, dereinst einmal als Geist wiederzukehren: „I’ll come back and scare the hell out of my people.“

Damit die nicht im Film verwendeten Geschichten nicht abhanden kommen, gibt es eine Website The Otherside Project. Dort kann man nicht nur die übrig gebliebenen Geschichten anhören, sondern auch eigene hinzufügen.

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