Sufat Chol – The Sandstorm

So soll die Berlinale anfangen: früh Feierabend machen, vor der Verabredung eine kleine Runde am Potsdamer Platz drehen, schauen, ob alles so ist wie immer und dann zur verabredeten Zeit um siebzehn Uhr fünfzehn vor dem Cinestar stehen. Ein Mann bietet mir eine Karte an, aber ich bin versorgt. Die Freundin kommt und wir reihen uns in die Schlange vor Kino 3 ein. Dann sitzen wir, der Berlinaletrailer läuft, hach, immer wieder schön, wenn die Bärenkugel explodiert und sich dann aus den Sternen der Bär neu zusammenglitzert.

Sufat Chol spielt in der Wüste im Süden Israels in einem Beduinendorf. Layla steuert den Pickup, der Vater daneben schimpft ein bisschen, dass sie währenddessen nicht aufs Handy schauen soll. Er schimpft auch ein bisschen, dass sie eine schlechte Note bekommen hat, aber eigentlich ist er gutmütig. Auf der Ladefläche wird ein zerlegtes Bettgestell für seine zweite Hochzeit transportiert.

Die Frauen feiern in einer Art Umzäunung, die zum Sichtschutz  mit Decken behängt ist, die Männer anderswo. Einige der Frauen kleben sich Bärte an und setzen Männerkopftücher auf, es wird ausgelassen getanzt und viel gejubelt. Die Braut ist knallweiß geschminkt und trägt ein gigantisches Rüschenbrautkleid, sie sitzt auf einem Sofa und wirkt meist nicht sehr glücklich. Jalila die erste Frau auch nicht.

Jalila findet heraus, dass Layla einen Freund hat, und versucht das Ende dieser Beziehung zu erzwingen. Klar, dass Layla aufmüpft. Spannend: die vier Töchter lieben ihren Vater, er ist der coole, der ihnen alles mögliche durchgehen lässt, die Mutter wirkt herb und streng, kein Wunder, dass Layla vermutet, dass ihr Freund beim Vater eher eine Chance hat. Stimmt aber nicht, denn der hat andere Pläne für seine Älteste. Erst allmählich stellt sich sowohl für die Protagonistin als auch für uns heraus, dass die Mutter den sehr viel größeren Überblick hat, dass hinter ihrer Strenge ein sehr realistisches Bild von ihrem Mann steht, der eigentlich schwach ist und sich viel mehr sozialen Zwängen ergibt, als er für ihren Geschmack müsste.

Nach der Vorstellung ist die Regisseurin Elite Sexter da und berichtet, wie sie dazu kam den Film zu machen. Sie hat über ihre Mutter, die Fotografin ist, Beduinenfrauen kennengelernt und enge Freundschaften geschlossen. Sie hat acht Jahre an dem Film gearbeitet und legt großen Wert darauf, nichts von außen über die dargestellten Menschen zu sagen, was die nicht auch so darstellen würden. Herausgekommen ist ein großartiger Film, in dem jede Einstellung stimmt, jedes Szene die Handlung voran bringt, in dem sich die Verhältnisse erst allmählich entwickeln und für die Zuschauerin verständlich werden. Dazu ein verhalten optimistisch offenes Ende. Toller Film, große Empfehlung!

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