Yarden

Man fragt sich ja manchmal, wie man sich wohl schlagen würde, müsste man sein kuschliges Intellektuellendasein verlassen und einen der richtig harten Jobs annehmen, die sehr arme Leute  machen müssen. In Yarden passiert einem Lyriker genau das, nachdem er sein eigenes Buch in einer Kritik total verrissen hat.

Der Verlag kündigt ihm die Freundschaft und er muss als Leiharbeiter in einer rie-hie-hiesigen Verladestation für Autos im Malmöer Hafen arbeiten. Schweden ist ein Land großer Solidarität, Transparenz und sozialer Absicherung. Nur nicht im Malmöer Hafen: da gilt das alles nicht.

Kapitalismuskritik, Globalisierung, Entfremdung, Selbstverlust: alles große Worte, die viel und nichts sagen – im Film kommen sie an keiner Stelle vor, aber er zeigt das alles auf sehr alltägliche und unspektakuläre Art und Weise. Es passiert nichts Dramatisches, und trotzem schnürt es einem immer mehr die Kehle zu, wenn der Autor seine Taucherausrüstung (das Mittel zum Abtauchen) verkauft, wenn er das erste Mal einen Kollegen verpfeift, wenn er am Schluss mit dem Sohn den neuen Fernseher auspackt und man weiß: dafür musste er den Kollegen schassen, der ihm am nächsten stand. Wie aus einer anderen Welt scheinen schon die Leute, die nur in der Verwaltung und im unteren Management des Lagers arbeiten.

Der Film könnte schnell moralisch und belehrend werden, wenn nicht in fast jeder Szene auch etwas Skurriles oder Absurdes dabei wäre – die Wahnsinnsbilder von den tausenden identischen weißen Autos, dem Riesen-Verladeschiff, den Männern in organgenen Arbeitswesten dazwischen („Guantanamo-Style“, wie der Regisseur hinterher sagte), oder die Musik, (Wagner? Nibelungen? Demis Roussos?), die gleich am Anfang so bombastisch wabert, dass man gar nicht in Gefahr kommt, larmoyant zu werden.

Alles sehr klug, lakonisch, politisch, galgenhumorig, berührend. Das war wirklich ein toller Film.

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