Traurige junge Männer gab es in den letzten beiden Filmen in meinem Programm. Beide Filme haben mir sehr gut gefallen.
Rap auf schweizerdeutsch gibt es in Off Beat. Lukas ist Rapper und lebt mit seinem Produzenten Mischa zusammen. Sie haben es schön, jedenfalls im Urlaub ganz am Anfang, aber Mischa will nicht offen schwul sein. Man fragt sich wirklich, was das bei einem Mittvierziger soll, also echt mal, der Mann lebt in der Schweiz, selbst wenn er einen migrantischen Hintergrund hat (außerdem: Italien, also bitte!), finde ich das in seinem Alter und Umfeld reichlich befremdlich. Aber der Film behauptet das nun mal so. Lukas säuft, kifft und kokst zu viel, versaut so seine Auftritte und landet im Krankenhaus. Mischa macht Schluss und holt dafür Lukas kleinen Bruder Sämi ins Team. Ein Höhepunkt ist ein Battle zwischen den Brüdern auf der Bühne. Ich fand die Sprache und die Rhymes (Fachausdruck, habe ich gelernt) toll. Außerdem hat der Film einen sehr guten Schluss.
Wie ganz oft dieses Jahr hat die Diskussion danach viel Spaß gemacht. Eine echte Weltpremiere mit lauter jungen Leuten auf der Bühne, die der Regisseur alle namentlich und mit Funktion benennt, darunter sind auffällig viele „gute Seelen“. Der Hauptdarsteller ist eigentlich gar kein Rapper, sondern ein Beatboxer und lasst gleich ein paar Soundproben davon hören. Im Nachhinein ist es lustig, dass er als Lukas den Vorschlag von Mischa, was mit nur Rhymes und Beatbox ohne Computer zu machen, als A-Capella-Schrott abtut.
In Sala Sambójców (Suicide Room) spielt das Internet eine wichtige Rolle. Dominik ist Abiturient und schwul. Das ist in seiner Klasse ganz und gar nicht angesagt, und im Internet (Youtube, das kenne selbst ich noch) wird er von seinen Mitschülern übelst fertig gemacht. Er stößt erst auf das Video eines Mädchens, das sich mit der Rasierklinge ritzt, und von da aus auf einen Videochat mit Sylwia und eine virtuelle Welt, in der Sylwia die Königin des Suicide Rooms ist. Dreidimensionale Avatare begegnen sich dort in Fantasielandschaften und -gebäuden (sowas kenne ich gar nicht, wie sieht das aus? So wie im Film?). Es ist eine private Welt, nur für Mitglieder, Dominik darf hinein.
Im wahren Leben geht er nicht mehr zur Schule, schließt sich in sein Zimmer ein und bewegt sich nur noch im Netz. Seine supererfolgreichen Eltern sind besorgt und versuchen einen Psychiater auf ihren Sprössling anzusetzen. Das klappt nicht richtig, denn sie wollen sofort Erfolg sehen, vor dem Abitur, und das will der Mann nicht garantieren. Die Kollegin hat weniger Skrupel und verschreibt recht bereitwillig die Tabletten, die zu besorgen Sylwia von Dominik als Prüfung verlangt hat…
Das Internet im Film ist eines, das ich überhaupt nicht kenne. Mich hätte sehr interessiert, wie die Recherche zum Thema aussah. Der Regisseur erzählte von der Zusammenarbeit mit der Mutter eines Mädchens, das sich am Todestag von Sylvia Plath das Leben genommen hatte. Mehr ging dann leider nicht, weil draußen schon das Publikum für den nächsten Film wartete.