Der Vorspann zu Xizao () ist sehr modern: chinesische Großstadt, Menschen in Business-Kleidung, ein Mann bleibt vor einem Container stehen, der an eine dieser City-Toilette erinnert, aber mehrere Türen hat. Er wählt am Display neben einer Tür das Programm – Duschen – und die Dauer – 5 Minuten. Die Tür öffnet sich, er tritt ein, zieht sich aus und legt seine Kleidung auf ein Förderband, das sie außer Sichtweite bringt. Dann tritt er in den Duschraum. Von den Seiten und von unten spritzt Wasser, eine Art Frisörhaube senkt sich über seinen Kopf und Bürstenwalzen mit weichen Schwammdingern, die an eine Autowaschanlage erinnern, schrubbeln ihn seitlich und von hinten. Die Trittplatte dreht sich, so dass er von allen Seiten sauber wird. Am Ende wird er mit Heißluft trocken gefönt. Im ersten Moment…
… habe ich es „den Chinesen“ durchaus zugetraut, dass es dort sowas schon gibt – es stellt sich aber dann doch heraus, dass es eine der tollen Geschäftsideen war, die einem Stammkunden des Badehauses in der Pekinger Altstadt in der Autowaschanlage gekommen ist.
Liu Shifu (Meister Liu) betreibt mit seinem geistig behinderten Sohn Erming zusammen das altmodische Badehaus. Kunden sind die Nachbarn, viele ältere Herren, die jeden Tag kommen und die Serviceleistungen, die am Tresen auf kleinen altmodischen Holztäfelchen aushängen, in Anspruch nehmen: Baden, Rasieren, Massage, Schröpfen, Fußpflege. Sie trinken Tee und lassen Grillen miteinander kämpfen, was zu lustigen Streitigkeiten führt. Das Bad ist interessant, es gibt mehrere große Becken, in denen die Kunden gemeinsam sitzen und baden.
Der Film beginnt damit, dass der ältere Sohn Daming zu Besuch kommt, weil er eine Zeichnung, die ihm sein kleiner Bruder geschickt hat, falsch verstanden hat: der Vater ist keineswegs tot, sondern wurde schlafend gezeichnet. Eigentlich will er nach einem kurzen Besuch gleich wieder abreisen, die Umstände veranlassen ihn dann, doch länger zu bleiben. Dass es dem Film hauptsächlich um Loyalität, um Konflikte zwischen einer vergehenden Epoche und der neuen Zeit geht (das ganze Viertel soll abgerissen werden) und darum, was man mit seinem Leben anfangen will oder soll, war vielleicht wirklich etwas absehbar und ein klein wenig betulich – ich war trotzdem gerührt. Außerdem sind die Nebenhandlungen alle sehr wunderbar: der Alltag von Vater und Sohn, das abendliche Joggen, das immer durch den Park führt, in dem lustigen Aktivitäten nachgegangen wird, die Ehekrise, die im Bad gelöst wird, der Hallodri (ja, der mit der Büromenschenwaschanlage), der immer große Pläne hat, aber nichts zustande bekommt und den Liu Shifu obercool vor den Kredithaien rettet, der Junge mit dem psychischen Problem, der sich nur im Bad traut öffentlich zu singen (O sole mio, sehr furchtbar!), aber auf der Bühne regelmäßig versagt.
Was mir aber am besten gefiel, ist die Rolle, die das Wasser spielt: Die Freude von Erming beim Rekordtauchen oder wenn er – nicht nur im Badehaus – mit einem Schlauch spritzen kann, die Geschichten, wie wertvoll das Wasser in manchen Gegenden ist, der Regen, der durchs Dach des baufälligen Gebäudes tropft, und wie das Tablett mit dem Porzellanschnapskrüglein, zwei Bechern und der Schale Erdnüsse während des Gesprächs wie ein kleines Boot zwischen Liu Shifu und seinem Besucher auf dem Becken hin und her schwimmt.