Ein Spielfilm über die Opoidkrise in den USA, wie sie immer sehr abstrakt genannt wird: wir begleiten zwei Brüder durch ihren anstrengenden Alltag im wohlanständig grünen Eigenheim-Irgendwo und ihren Pflichten. Die münden viel zu oft in die Suche nach ihrer tablettenabhängigen Mutter. Ein Mothers-Litte-Helper-Drama… Lange schon werden in den USA vor allem Frauen von Pharma-Industrie und freiberuflich arbeitenden Ärzten in die Abhängigkeit getrieben – zur Gewinnmehrung, bis heute. Früher waren es mal Beruhigungsmittel, im Moment sind es Schmerzmittel. Die Abhängigkeit von opiumhaltigen Schmerzmitteln setzt wohl extrem schnell ein. Krankenversicherungen sind teuer und je nach Kosten des Vertrags übernehmen sie die aufwändige Entzugs-Behandlung nicht oder nur unzureichend. Die Zahl der Unversicherten ist hoch. Und Corona hat dieses Problem wohl nur verstärkt.
Für den Rezepte verteilenden Arzt im Film haben die beiden Heranwachsenden als hilflose Rache nur einen Stinkefinger übrig und heimlich in dessen Cola zu spucken im Bowling Center. Die Mutter erhält die Rezepte gegen Blut im Urin: mit einer angeschliffenen Feile immer leicht herbeizuführen. Das wird im Film ganz direkt gezeigt, ohne Wegschauen. Und auch andere Grenz-Übertritte werden ganz sichtbar, auch Auto“klau“ oder ein (Selbst-)Mord-Versuch. Wie allein die Brüder und ihre Mutter doch sind trotz Schulkameraden, Liebschaften, Nachbarn… Der Film kommt nahezu ohne verständliche Sprache aus: den amerikanischen Slang verstehen wir, bis auf wenige Halbsätze, selten. Und ich glaube auch nicht, dass ihn die Generation-14plus-Besucher:innen verstehen konnten. Interessant bleibt, ob (und wie) dieser Film synchronisiert ins Kino kommen wird und wie das dann wohl wirkt…
Jamie Sisley war vor sieben Jahren (2015) schonmal mit einem Kurzfilm unter gleichem Titel bei der Berlinale Generation zu sehen. Und das Thema ist wohl autobiografisch. Im Video auf der Berlinale-Website bezeichnet er ihn „als eine Art Selbsttherapie“. Nun gewinnt er für diesen sehr dichten, anrührenden, gelungenen und gesellschaftspolitisch wichtigen Film den Gilde-Filmpreis.
Wir sahen ihn im Berlinale-Kiez-Kino Cineplex Titania in Steglitz… in der historisch bedeutsamen Hülle sind heute Ketten-Läden und ein Schachtelkino. Und ich hab wiedermal begriffen, warum ich diese Sorte Kinos so frustrierend finde: ohne Q&A oder andere Berlinale-Bestandteile ist es einfach ein nach Popcorn und Kunstfasern (Sitze, Teppichböden) stinkender, staubiger Konsum-Ort…
Kann mich interessanterweise garnicht an die Filmmusik erinnern – jenseits der Schnulzen singenden Brüder im Auto, um ihre im Rausch dämmernde Mutter wachzuhalten. Und irgendwo läuft oft ein Radio, mit den gängigen Schnulzen…