Zwei tote Schafe an einem Tag…

… sind sogar bei den Filmfestspielen selten. Das eine wird in Son of a Lion als Festtagsbraten geschlachtet. Das andere kommt in Corazones de Mujer unters Messer, leider nicht zu so einem freudigen Anlass, sondern als Symbol für eine leidende Transe.

Das war ja mal ein seltsamer Film! Eine Vier-Personen-Crew (zwei Crew, zwei Schauspieler) geht los und dreht einen Mini-Budget-Film ohne Drehbuch über einen schwulen Schneider und eine von ihm einzukleidende Braut (beide mit marrokanischen Wurzeln), die mit dem Cabrio von Turin nach Casablanca fahren, um dort vor der Hochzeit das Hymen der Dame wiederherstellen zu lassen. Auf dem Weg reden die beiden mit einander und mit sich selbst über Frauen, Männer, Homosexualität, Familie, Heimat(losigkeit), Homophobie, Mut und vieles andere mehr – und das alles in Sepia! Und mit viel Musik und den Leuten, die sie unterwegs getroffen haben, u.a. zwei alten Männern, neben denen die beiden Alten in der Sesamstraße alt aussehen… der eine frisst Fliegen. Echt. Außerdem ein toter Delphin am Strand (reiner Zufall, dass der da lag, schwören die Regisseure) und ein Haus mit der Nummer 2046 an der Tür. Außerdem eine sehr schön gefilmte Derwish-Trance-Szene. Ein ganz seltsamer Film. Für eine Doku zu kunstig. Für einen Spielfilm zu improvisiert. Aber nicht schlecht. Visuell sogar ziemlich klasse.

Leider haben die beiden Typen im Anschluss ziemlichen Mist geplappert ("Schließt Eure Augen und seht mit dem Herzen", "eine Traumreise" – "Mann oder Frau, Italienerin oder Marrokaner, das spielt doch überhaupt keine Rolle"), aber verdorben hat es mir den Film diesmal eigentlich nicht. Ich bin aber immer noch nicht sicher, was ich davon halten soll… Ein ganz seltsamer Film.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Zwei tote Schafe an einem Tag…“

  1. micha

    Toll beschrieben, danke schön. Seltsam stimmt, aber mir hat der Film gut gefallen.

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