Die für mich bisher ultimative Filmkatze räkelt sich auf dem Schoß von Sabine Kossatz, einer Foto-Journalistin, die sich in den globalisierungs- und systemkritischen Kreisen Rio de Janeiros bewegt – und sich zu den Umbrüchen äußert, mit denen die Bewohner der Stadt durch die gigantischen Bau-Projekte für internationale Mega-Sport-Events zu kämpfen haben. Sie wird ebenso portraitiert wie die omnipräsenten Militärs in Strassenpanzern mit dem Finger am Abzug ihrer Schiessgewehre. Und wie die nimmermüde Gründerin des Projeto Uerê (U-Erê = Kinder des Lichts), einem Schulprojekt in einer der ärmsten Favelas der Stadt nahe beim Flughafen, mit dem den von Drogen, Gewalt, Armut und Obdachlosigkeit umgebenen Kindern ein sicherer Ort geboten werden soll.
Dieses Projekt steht im Mittelpunkt der Doku, die sich in Kapiteln durch verschiedene Aspekte seiner Geschichte bewegt. Yvonne Bezerra de Mello, die Gründerin, hatte die Regisseurin Monika Treut vor 15 Jahren schon einmal dokumentarisch portraitiert in: Kriegerin des Lichts. Diesen Film meine ich damals auch gesehen und intensiv in Erinnerung behalten zu haben.
Die Spirale aus Umverteilung von unten nach oben ist weitergegangen und das Land weiterhin von der asozialen Spaltung in Reich und Arm geprägt. Die staatliche Lösung ist stärkere Gewaltanwendung durch stärkere Aufrüstung – die Funktionen der Polizei übernehmen mittlerweile ganz offen Militärs, die in den Strassen patrouillieren und unvermittelt Schießereien beginnen und Razzien durchführen. Denen von ihren Alltagserfahrungen traumatisierten und konzentrationsgestörten Kinder bietet das Projeto Uerê Lernkonzepte an, die von der Stärkung des Selbstbewußtseins durch spielerisches Lernen ausgehen.
Ganz nachvollziehbar erläutert die Menschenrechtlerin de Mello, dass dies die wirkungsvollste Form für die belasteten Kinder sei sich wieder konzentrieren und fokussieren zu können, indem es linke und rechte Gehirnhälfte zusammenschalte. Deshalb seien unter anderem landesweite Schulungsangebote für Lehrpersonal als Alternative zum klassischen Frontalunterricht in ihren Projekten in Gang gebracht worden. Wie war das nochmal mit Waldorf und Montessori? Ich fands (wieder) sehr sehenswert, zumal die gesellschaftlichen Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten differenziert beleuchtet werden.