Der Tag, an dem ich zur Frau wurde ist einer der Filme aus der Abteilung „vorher nie gesehene Bilder“, sehr schön. Drei Geschichten, ein kleines Mädchen, eine junge und eine alte Frau. Die erste wird neun, darf deshalb nicht mehr mit ihrem Freund spielen und soll einen Tschador bekommen. Weil sie erst mittags geboren wurde, bekommt sie aber noch eine Stunde, die sie mit einem Stock abmessen soll: sobald der Schatten verschwunden ist, ist es Mittag und sie muss nach Hause. In dieser Zeit schafft sie es noch, ihr Kopftuch gegen einen kleinen schwimmenden Aufziehfisch zu tauschen und einen Dauerlutscher mit ihrem Freund zu teilen – bis die Mutter sie abholen kommt.
Die zweite, Ahoo, versucht sich gegen ihren Mann und den männlichen Teil ihrer Familie zu behaupten, die verhindern will, dass sie bei einem Frauenradrennen mitfährt – sehr beeindruckend: ganz viele schwarz gekleidete Frauen mit großen Kopftüchern, die auf bunten Hightechrädern in einer öden Wüstengegend einen Küstenweg entlangfahren. Die Männer verfolgen die radfahrenden Frauen auf Pferden, der Kontrast zwischen sich drehenden Zahnrädern und gallopierenden Pferdebeinen sehr bedrohlich. Nacheinander tauchen der Ehemann, der Mann mit Imam, die Verwandten des Mannes, ihre Brüder auf und versuchen, sie zum Absteigen zu bewegen.
Die dritte ist schon sehr als, hat geerbt und leistet sich endlich mal all die schönen Dinge, die sie früher nicht kaufen konnte. Alle Sachen werden am Strand aufgebaut, damit sie prüfen kann, was sie vergessen hat. Als sie nochmal ins Einkaufszentrum zurückgeht, um die „schamlose“ Teekanne aus Glas umzutauschen, spielen die Jungs am Strand mit all ihren Sachen, aber sobald sie zurückkommt, räumen sie alles wieder ganz ordentlich auf. Sehr schön auch der Abtransport auf den kleinen selbstgebauten Booten der Jungs, die schon in der ersten Geschichte vorkommen. Bei IMDB unter dem Originaltitel Roozi khe zan shodam zu finden.
South of the Clouds (oder hier bei IMDB als Yun de nanfang) hatte ich während der Berlinale verpasst, und das, wo alle, die ihn gesehen hatten, sich einig waren, dass er definitiv das Highlight unter den diesjährigen chinesischen Beiträgen war. Ein Rentner, der in seiner Jugend beinahe seinen Arbeitsplatz in Nordchina gegen einen in Yunnan eingetauscht hätte, will nach seiner Pensionierung nach Yunnan reisen, auf den Spuren eines Lebens, das er auch gelebt haben könnte. Es gibt sehr schöne Szenen – die von den alten Männern selbst ausgedachten sportlichen Übungen, in denen sie Tiere imitieren, sind klasse – und es ist interessant, wie der Mythos der von Frauen beherrschten Minorität der Mosuo behandelt wird: das Klischee kommt nur im Traum des alten Mannes vor, die Realität dagegen ist eher ernüchtend. Was mir auch sehr gut gefallen hat – vielleicht nur ein Nebenschauplatz, aber schön: als er die nette ältere Frau mit Enkelkind trifft, die – wäre alles anders gekommen – auch seine Frau hätte sein können.
Außerdem habe ich beim fsk-Kino beim Schafsuchspiel zwei Kinokarten gewonnen, das ist fein, vielen Dank dem fsk-Kino!