The Darjeeling Limited

Nach dem Trailer wollte ich The Darjeeling Limited von Wes Anderson eigentlich gar nicht sehen, denn der enthielt schon alle klamaukigen Szenen des ganzen Films. So schlimm wie befürchtet war’s dann gar nicht, auch wenn das sicher kein Film ist, an den ich mich im Dezember noch erinnern werde.

Erst gibt es einen Vorfilm, in dem eine sehr schöne junge Frau mit ganz kurzen Haaren einen Mann in einem wunderschön altmodischen Hotel in Paris findet. Egal, warum er untergetaucht ist, es kann nicht an mangelnder gegenseitiger Attraktivität gelegen haben. Die verbale Kommunikation zwischen beiden ist dafür geprägt von absolutem gegenseitigem Nichtverstehen, aber das ist wohl das, was gezeigt werden soll. Wenn sie nur nicht ständig auf diesem ekligen Zahnstocher rumgekaut hätte, hätte ich sie lieber angeschaut. Aber auch das war wohl absichtliche Irritation.

Danach geht die eigentliche Geschichte los: drei Brüder fahren im Zug durch Indien…

Der Älteste Francis hat die Reise geplant bzw. durch seinen Assistenten Brendan, der sich als eine Art dienstbarer Geist unsichtbar im Hintergrund zu halten hat, durchplanen lassen. Warum die anderen beiden Peter und Jack (der aus dem Hotelzimmer, der auch den Hotelbademantel hat mitgehen lassen) sich darauf eingelassen haben, wird nicht so ganz klar. Francis hatte einen schweren Unfall, der ihm neben bösen Verletzungen einen völlig bescheuert aussehenden Kopfverband sowie das Bedürfnis nach Versöhnung mit seinen Brüdern eingebracht hat. Außerdem will er die in einem Himalaya-Kloster untergetauchte Mutter suchen, das erfahren die Brüder aber erst ein bisschen später.

Mir sind alle drei ziemlich unsympathisch und ich fühlte mich nur ein ganz kleines bisschen manipuliert, als die beiden deutschen Schreckschrauben am Nebentisch des Speisewagens auftauchen – eigentlich weiß ich auch ohne Holzhammer, dass es verschiedene Arten von Touristen gibt, die Übelkeit auslösen. Dazu zählt neben solchen wie den Schreckschrauben nämlich mindestens genauso sehr die Sorte, wie sie von den drei Brüdern verkörpert wird: die, die einem Ort ganz bescheidwissermäßig "beautiful people" zuschreiben, die in all ihrer Oberflächlichkeit von "spiritual journey" plappern, die in Tempeln "amazing" rufen und die Gesten der einheimischen Gläubigen aus folkloristischen Gründen nachäffen. Jaja, ich weiß, der Film zeigt schon, dass Reisende vor allem sich selbst dabei haben, aber deshalb muss ich diese Blödmänner mit dem absurd gigantischen Gepäck (die mit Tierchen und Palmen bedruckten Louis Vuitton-Koffer ihres Vaters) ja nicht sympathischer finden. Ja, ich habe verstanden, dass das Gepäck nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern den Familienballast darstellt, den wir alle mit uns herumtragen, aber ich muss so platte Symbole ja nicht mögen.

Was mir aber die meiste Zeit richtig gut gefallen hat, war das Bilderbuchindien – obwohl völlig unecht, bunt, exotisch und ganz offensichtlich ein Phantasieort, dessen Entsprechung zu einem realen Ort der wirklichen Welt für den Film von vollkommen nachgeordnetem Interesse ist. Das erinnert mich jetzt wieder an das Thema Authentizität im Tourismus – vielleicht ist es einfach so, dass die zwar von allen Reisenden gesucht, aber wahrscheinlich gar nicht gefunden werden kann. Und worum es im Film ging, war dann vielleicht, dass es darauf ankommt, sich im Auskommen mit denen, die einem wichtig sind, Mühe zu geben, mehr geht nunmal nicht.

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