powerless

ein funkensprühendes, kabelverwirrtes, hochspannendes portrait der strom-versorgungs-problematik in der indischen stadt kanpur. loha singh kämpft auf beeindruckend stoische und unabrückbare art und weise als robin hood der ärmeren bevölkerung und den kleinunternehmern für das recht auf strom! er klettert auf wackeligen leitern ins kabelgewirr, knipst, verknotet, lötet und verhakt kabel neu, zapft leitungen an, manipuliert generatoren, die nun plötzlich völlig überlastet ab und wann explodieren oder feuer fangen. so hangelt sich z.b. ein kleiner junge mit einem gebogenen kabelhaken vom balkon aus einfach an die größere leitung, und siehe da: "es werde licht". ein schwitzender junger mann auf seinem bett hat plötzlich wieder einen ventilator, die nähmaschinen in der lederfabrik gehen aus, an, aus an…..

an der spitze des lokalen energiekonzerns kesco kämpft mrs. ritu maheshwari auf ihre art den kampf um den strom. sie findet, es dürften nur die bezahlenden kunden wirklich ans stromnetz angeschlossen sein, und schickt quasi einen kontrolltrupp los, der leute als stromdiebe entlarft und den strom wieder abknipst, über lautsprecher auffordert, die stromrechnungen zu begleichen und ein bischen so wirkt wie die "grauen männer" in "momo", die den menschen ihre zeit abluchsen. frau maheshwari und loha singh kämpfen einen ungewinnbaren kampf auf beiden seiten, ein unentwirrbarer kabelsalat in übertragenem sinne. die kabel, die von den stromkonzern-angestellten abgeknipst werden, schließt loha singh wieder an. dauernd werden kleine bis größere brandherde mit wasser beschüttet. loha zeigt uns seine diversen narben von strom-unfällen und präsentiert sich als "unerschrocken", vom regisseur erfahren wir, daß er vor lauter kamera-angst gebebt habe. beeindruckend und schön, wie nah, ehrlich und dicht wir als zuschauer am geschehen teilhaben dürfen, neben der geschichte an sich gibt es wunderbare bilder und einblicke. zum teil liefen die kameras über tage, z.b. in der kneipe, in der loha sich täglich dem alkohol überlässt. natürlich musste das team springen, sobald es irgendwo eine vorahnung für einen kleinen brandherd gab, um mit der kamera zur stelle zu sein. es war heiter, spannend und ein genuß für die augen.

so soll berlinale sein, ein forum-film, wie man ihn sich wünscht!

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Kommentare

2 Antworten zu „powerless“

  1. micha

    So war’s, aber auch ganz anders. Ich finde, dass Du Frau Maheshwari überhaupt nicht gerecht wirst. Das war eine tolle Frau, eine Reformerin, die was bewegen wollte, die auch gegen Korruption in den eigenen Reihen vorging und eigentlich denselben Kampf geführt hat, wie Loha Singh: den gegen die Stromknappheit. Selbstverständlich kann man die Leute verstehen, die Strom klauen, und der Meister der Stromdiebe ist total beeindruckend. Aber auch die andere Seite hat Recht: je mehr kaputt gemacht wird, und je mehr geklaut wird, je weniger die Leute den Strom bezahlen, den sie beziehen, desto weniger kann die vorhandene Infrastruktur instand gehalten, geschweige denn ausgebaut werden. Das ist ein Teufelskreis, denn die staatliche Stromgesellschaft (keinesfalls ein privater Konzern!) ist ja nur Verteiler und nicht Stromproduzent.

    Was mir an dem Film besonders gut gefallen hat, war, dass er neutral bleibt, dass er für keine der beiden Seiten Stellung bezieht, sondern klar macht, dass es die Stromknappheit ist, die von den verschiedenen Seiten auf unterschiedliche Weise angegangen wird. Das Problem ist, dass die Kapazitäten in den letzten zwanzig Jahren überhaupt nicht ausgebaut wurden, obwohl die Bevölkerung enorm angewachsen ist, und auch viel mehr Strom benötigt. Und wenn dann all die anderen Themen noch mitgedacht werden: dass jedes Kino dort (und die Malls und die Hotels und und und…) Diesel verbrennt, um nicht auf die unzuverlässigen Stromlieferungen angewiesen zu sein, oder was es bedeuten würde, so viel Strom zu produzieren, wie von den Leuten abgenommen werden könnte, wenn er nicht ständig ausfallen würde – das ist ganz schön gruselig.

    Deinem Schlusssatz kann ich wieder uneingeschränkt zustimmen, das war ein großartiger Film!

  2. jo

    ja, das ist wahr. ich bin auf die seite von frau maheshwari nicht eingegangen, danke also für die kritische ergänzung. daß im grunde beide bemerkenswert für die gleiche sache kämpfen, nur aus unterschiedlichen perspektiven, wollte ich eigentlich auch ausgedrückt haben…

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