Wenn ich dieses Jahr nur einen Film sehen dürfte, und dieser wäre es gewesen, wäre ich nicht traurig. Es war ein schöner Berlinale-Auftakt mit Sai bo gu ji man gwen chan a von Park Chan-wook im Berlinalepalast, Sitzplätze im "roten Bereich" in der achten Reihe, auf der kleinen Leinwand hinter der Bühne läuft das Rote-Teppich-Programm. Koreanische Fans haben liebevolle bunte Plakate mit Bildern von Hauptdarstellerin und Hauptdarsteller gebastelt, auf einem steht groß "Wave at me!" Die Stars kommen an, Rain, ein nicht nur in Korea bekannter Popstar und Lim Soo-jung, die in ihrem Kleidchen sehr friert, aber doch freundlich lächelt und winkt, bis Herr Kosslick sie ins Foyer führt und jemand ihre eine Jacke um die Schultern legt.
Aus der Beschreibung: "Young-goon ist Patientin einer Nervenklinik, denn sie glaubt, sie sei ein Cyborg. Nahrung verweigert sie, stattdessen verpasst sie sich Stromstöße mithilfe ihres Transistorradios, um ihre Batterien aufzuladen. Ihr Gesundheitszustand verbessert sich dadurch natürlich nicht. Unverdrossen trägt das junge Mädchen das Gebiss ihrer Großmutter und spricht mit den Maschinenwesen, seien es nun Automaten oder Lampen…" Auch die anderen Bewohner der Anstalt sind sehr speziell, besonders der junge Dieb, der sich bald anfängt um Young-goon zu kümmern, der den anderen ihre Eigenheiten stiehlt – einen fulminanten Tischtennisaufschlag, die Höflichkeit und den Donnerstag.
Nicht nur für Young-goon sind Gegenstände wichtig, auch Filzflugsocken, Spiegel und Kästchen der anderen Patienten, selbst die Rohre im Heizungskeller sind mit ihrer dicken bunten Isolierschicht so präsent, dass sie weit mehr als nur zufälliges Zubehör der Welt zu sein scheinen, während Menschen grundsätzlich wenig vertrauenerweckend sind – als Cyborg kämpft Young-goon zwar gegen "die Weißen", die eigentliche Feindin ist aber ihre Mutter.
Meine Lieblingsszene ist die, als der Experte das Reismegatron einsetzt (doch, die beste Visitenkarte überhaupt muss ich hier auch noch erwähnen: Reismegatron-Experte, lebenslange Garantie), das ist so liebvoll und einfühlsam, einfach wunderbar.
Am Ende stehen Regisseur und Stars auf der Bühne und Herr Park empfiehlt dem Publikum vor allem dies aus dem Film mitzunehmen: Wenn Sie einmal keinen Appetit haben, erinnern Sie sich einfach wie das geht: Reis auf den Löffel, Mund öffnen, Reis hineinschieben usw. und schon ist alles wieder ein bisschen einfacher. Ich glaube, das stimmt.
Kommentare
6 Antworten zu „I’m a Cyborg But That’s OK“
Da es hier keine Ausführung zu Reismegatron (Ich glaube, das wird mein neues Passwort) gibt, google 0 Treffer findet, auch nicht in der engl. Schreibweise.
Ich bitte dringend um Aufklärung, wenn es denn kein spoiler ist. 😉
Tja, das ist jetzt schwer, ich habe es extra nicht erklärt, weil es schon ein Spoiler ist. Was mach ich jetzt?
Ah doch, ich weiß was: der Tagesspiegel hat den vollständigen Spoiler, also angucken auf eigene Gefahr: http://www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/10.02.2007/3072434.asp
Yipi, das wird mein diesjähriger Abschlussfilm am nächsten Sonntag!
Hier die nette Flash-Website zum Film: http://www.cyborg2006.co.kr
Ich weiß jetzt auch, was ein Reismegatron ist, sags aber nicht!
Die stolze Ulla
Und außerdem weiß ich jetzt, dass Berlinale-Palast, 2. Rang, richtig mies zum Filme gucken ist. Man schaut sozusagen über die Leinwand drüber.