Portraits Deutscher Alkoholiker – wunderbarer Vorspann

Was für ein stimmiges Format: Wir hören die Geschichten, sehen die Personen jedoch nicht, dafür sehen wir sehr bemerkenswerte Bilder, in denen quasi ein Portrait der Umgebung der jeweiligen Person gezeigt wird, die Fassade hinter der alles stattfindet, die scheinbar in Ordnung ist. Mein Lieblingsvorspann: Wir schauen in einen Raum, der mich an den Gemeindesaal der Evangelischen Kirche erinnert, kleine Tischgrupppen für ein eventuelles Kaffeetrinken, keine Menschen, in der Mitte eine Art Bühne auf der Mittig eine Büste steht, rechts und links schwerer Samtvorhang. Nun ziehen sich die beiden Vorhänge auf und rechts und links von der Büste beginnt eine Wassershow mit kleinen, sich ständig wandelnden Springbrunnenfontänen in wechselnden Formationen und Mustern. Von diesem absurd anmutenden Ensemble erheitert und entzückt wird der Vorhang wieder geschlossen und der Film beginnt. Wunderbar! Noch ein Bild, das sich einprägt: eine riesige elektrische Orangensaft-Presse, der wir minutenlang dabei zusehen, wie sie die Orangen in zwei Trichtern oben einfängt, dann zerteilt und presst, und die Ärmchen mit den Trichtern wieder nach oben wandern, um sich neue Orangen abzuholen! Oder eine Machine, die verschiedene Medikamentenpackungen einsammelt und in ein Regal einsortiert, dabei diverse Zahlen kombiniert, um zu wissen, wohin… faszinierend! Manchmal ist es laut, wenn Züge durch die völlig graue Industrielandschaft brettern oder Flugzeuge starten und landen. Beeindruckende Bilder und natürlich die Geschichten der Menschen, die vorallem ihre wundersam konstruierten Strategien und Ausflüchte erzählen, wieso sie sich jahrelang vormachen konnten, kein Problem zu haben. Langsam gen Ende spitzen sich die Schicksale zu, zunächst scheinen Leben und Karriere auch gut mit Alkohol zu funktionieren, oder gar besser, dann kippen die Geschichten. Stimmig und sehr konsequent in der Machart.

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