Voice over zu Ansichten eines Slums in Manila. In Filmfachvokabular wird erklärt, was zu sehen ist. Einige Szenen lang folgt der Film einer Frau mit sieben Kindern, die für alle nur ein Päckchen Instantnudeln in einen Topf mit Wasser bröselt und diese dünne Suppe dann an die Kinder verteilt. Anschließend wäscht sie eine Tochter und führt sie durch die Stadt in ein Appartmenthaus, wo sie sie an einen alten Pädophilen verkauft.
An dieser Stelle schwenkt der Film auf die sehr jungen Filmemacher, den Regisseur Rainier und seinen Produzenten Bingbong, die im Auto sitzen und den Film weiter planen. Auf dem Rücksitz spielt noch die Produktionsassistentin Jocelyn mit. Schnell wird klar, was die Jungs wollen: auf internationale Festivals oder am besten gleich einen Oscar. Dazu muss das Kinopublikum der Welt schockiert werden.
Die Szene wird immer wieder durchgespielt, aus der verkauften Tochter wird ein Sohn (noch schockierender!), die Hauptdarstellerin in spe – Eugene Domingo, die immerhin bereits einem Treffen zugestimmt hat – wird in Frage gestellt, und die Szene mit zwei anderen Kandidatinnen oder auch mal als Doku-Drama mit Laien inszeniert ("Aber Cherry ist hellhäutiger, da brauchest auch hellere Kinder"). Hier habe ich schon den ersten größeren Witz nicht verstanden: alle drei Schauspielerinnen sind auf den Philippinen echte Stars.
Einen weiteren Auftritt hat ein angeberischer Konkurrent, der gerade aus Venedig zurück ist, den die drei zwar verachten, aber der ist eben berühmt. Auf dem Weg zu Frau Domingo fantasieren sie noch eine Musical-Version.
Frau Domingo wohnt in eine unglaublichen Villa. Sie ist zwar begeistert vom Skript, bringt aber auch noch ihre Vorstellungen zum Skript und zur Schauspielkunst ein, dem Berlinalepublikum graust es immer mehr – vermute ich jedenfalls.
Als nächstes erforschen die Filmemacher in spe das Setting Slum, wo sich schnell zeigt, dass sie vom Leben dort so ganz und gar keine Ahnung haben.
Zur Idee, den Filmfestivalbetrieb auf die Schippe zu nehmen, gibt es zwar einige lustige Einfälle, so dass ich ein halbwegs kurzweiliges Kinoerlebnis hatte. Auf Dauer zieht es sich aber doch ein bisschen und die Protagonisten Nerven auch ein wenig. Und wenn schon so auf der Metaeben herumgefilmt wird, hätte ich dann im Anschluss wenigstens gerne das Filmteam auf der Bühne gehabt. So war mir das alles ein wenig zu dünn, um wirklich böse Satire zu sein.
Tja, und was es mit dem Filmtitel, The Woman in the Septic Tank auf sich hatte, war für mich ein mit relaitv großer Gewalt drangeklatschter Schlussgag, dass es mir bei zweitem Überlegen doch nicht schwer fällt, den Spoiler einfach sein zu lassen.
Kommentare
3 Antworten zu „Filmemachersatire: Ang Babae sa Septic Tank“
Christoph Terhechte sagt in einem Leit-Interview des Forum unter Berlinale-Themen über den Film:
Ang Babae sa Septic Tank nimmt Wahrheit und Authentizität im Film verschiedener Kulturen auf die Schippe, weil er davon ausgeht, dass die meisten philippinischen Filme sowieso nur für die Festivals gemacht werden.
Er erzählt von einer Gruppe junger Leute, die einen richtig erfolgreichen Film machen wollen, der in Cannes oder Berlin gezeigt wird. Frage: Was brauchen sie dafür? Kurze Antwort: Ein philippinischer Film braucht eine Müllkippe, arme Kinder auf dieser Müllkippe, eine zerrüttete, hungrige, hundsarme Familie, und er braucht sexuellen Missbrauch.
Sie schreiben eine Szene, in der all diese Elemente vorkommen, drehen sie und stellen fest, dass sie das dann doch noch mal anders machen müssen. „Vielleicht machen wir ein Musical draus!“ Im Anschluss sieht man das Ganze dann halt noch mal in Musical-Form. Die Hauptdarstellerin, eine große Diva, ruft irgendwann aus: „I want to go to Berlin.“ Was sie jetzt natürlich auch tun wird.
Das finde ich eine schöne Ironie. Die Filme, die da karikiert werden, die gibt es ja wirklich. Ich für meinen Teil bin nach Ang Babae sa Septic Tank wirklich gründlich kuriert, was eine gewisse Art von philippinischem Kino betrifft!
Hmm, fällt Dir ein Beispiel ein für genau die Sorte Film, über die sich hier lustig gemacht wird? Mir ehrlich gesagt nicht. Und: bist Du wirklich nur „kuriert“, was ausgerechnet philippinisches Kino angeht? Findest Du die besonders verdächtig? Mehr also Kino aus anderen Ländern?
Ich weiß nicht – ich glaube nicht, dass der Film meine Einstellung zum Kino gucken ändern wird. Es bleibt immer noch jedem einzelnen Film überlassen, ob es ihm gelingt, mich als Zuschauerin zu packen und zu bewegen.
Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt bzw. zitiert: mein GESAMTER Kommentar war ein Zitat aus dem Terhechte-Interview! Ich habs zitiert, weil ich es bemerkenswert fand und da Du auf alle möglichen Eigenwilligkeiten und Überzeichnungen hingewiesen hast. Gesehen hab ich selbst den Film dann nicht – aber drüber nachgedacht / gelesen und für anderes verworfen.