Tomorrow is a Long Time

Nach Mingtian bi zuotian changjiu (Tomorrow is a Long Time) fragt eine Zuschauerin, weshalb denn keine Frauen vorkommen. Die Antwort von Regisseur Jow Zhi Wei: es sollte eine Geschichte über eine Vater-Sohn-Beziehung werden. Hm, wenn Frauen vorkämen, wäre das wohl ein anderer Film geworden. Meng wächst in einer sprachlosen Männerwelt auf. Sein Vater spricht nicht, die Oma hat ihm immer Dinge erzählt, aber die liegt nur noch schlafend auf dem Bett im Pflegeheim. Seine Mitschüler verprügeln ihn und bringen ihn dazu, selbst gewalttätig zu werden.

Filmteam bei Q&A
Der Moderator, Regisseur Jow Zhi Wei, Hauptdarsteller Edward Tan und Lekheraj Sekhar

Der Vater hat einen grauenhaften Job als Schädlingsbekämpfer, wo er Fabrikanlagen und Schrottplätze mit giftigen Dämpfen einnebelt.  Er ist stumm, verlangt von Meng Seilspringen und Situps bis zur Erschöpfung und beschimpft ihn als nutzlos. Nur, wenn Meng schläft, umarmt er ihn mal.

Im zweiten Teil kommt Meng zum Militär und lernt im Dschungel neue Dinge. Die Einstellungen werden länger, Naturgeräusche werden wichtig, und er erlebt eine sich anbahnende Freundschaft.

Ja, ok. Aber: reicht es, wenn ein Film auf einmal „poetisch“ wird? Muss es dann kein bisschen mehr realistisch sein? Muss es natürlich nicht, aber vermisst außer mir niemand ein wenig Plausibilität? Die These, dass ausgerechnet die Armee ein Hort der persönlichen Freiheit und Entwicklung sein kann, scheint mir steil. Und: stört es die Armee von Singapur nicht, wenn ihnen mal eben zwei Rekruten im Dschungel abhanden kommen? In welchem Dschungel überhaupt? Trainieren die in Malaysia? In Singapur kann man bestimmt nicht tagelang unauffindbar durch den Wald irren. Und als die Jungs nach all dem Rumirren in einem Dorf kollabieren und sich dann in Zivilkleidung in einem Bett wiederfinden – ich wette, da hat eine Frau fürs Waschen, das saubere Pflaster, die Kleidung und die Bettwäsche gesorgt. Vermutlich ist es tatsächlich ein Männerfilm, und ich werde bei all der Poesie deswegen nicht warm damit.

Schön war der Tapir, von dem im Q&A erzählt wird, dass er ein Dreameater sei, der den Menschen ihre Alpträume nimmt.

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