Kill your Idols

So uncool es ist, die aufrichtige Chronistin muss es hier offenlegen: Der Soundtrack zu "West Side Story" war die erste Schallplatte, die ich mir von meinem eigenen Geld absichtlich gekauft habe (dabei kannte ich weder Film noch Musik – aber das ist eine komplizierte Geschichte). In diesem  Soundtrack kenne ich jedes Fingerschnipsen, jede Textzeile und jedes Crescendo. Und nach einer Weile fand ich die Musik sogar gut.
Aber der Film hat mich nie groß beeindruckt, und seit heute abend weiß ich auch, warum. Es geht ja um zwei rivalisierende Gangs in New York: die einen Prols, die anderen Immigranten. Voll die Neukölln-Story eigentlich. Und die Banden-Fehde kommt gar nicht schlecht rüber, finde ich. Jedenfalls konnte ich einige Parallelen zum alltäglichen Imponiergehabe und Ehrengetue aus meiner Nachbarschaft wiedererkennen. Im Prinzip fand ich alle Szenen ziemlich gut, in denen mehr als zwei Personen zu sehen waren. 
 Aber wenn im Zentrum der Handlung eine Liebesgeschiche steht, dann ist das nicht wirklich der springende Punkt. Alle Liebesszenen triefen vor Schmalz und sind kein bisschen rührend. Nichts ist zu spüren von Leidenschaft oder wenigstens Leiden – nur Zucker. Und das schlimmste ist der Hauptdarsteller: der fulminante Anfang des Films endet in dem Moment, in dem die Kamera das erste Mal sein Barbie-Gesicht einfängt. Er spielt bodenlos schlecht und grinst ständig dümmlich, was noch die dramatischsten Szenen belanglos macht. Der Mann ruiniert den Film. 
Aber 70mm – der Grund warum ich die Sache nochmal unter die Lupe nehmen wollte – war wirklich cool.  

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Kommentare

Eine Antwort zu „Kill your Idols“

  1. micha

    Tolle Besprechung! Erzählst du mir bei Gelegenheit die komplizierte Geschichte von der Schallplatte?

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