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Hello Kitty!

Wer Katzen mag, hat sie nach diesem Film noch lieber. Wer Katzen nicht mag, findet ihn wahrscheinlich ganz doof: Rentaneko ist der neue Film von Naoko Ogigami (remember Megane!) über einen Ein-Frauen-Katzen-Verleih-Service.

Die Katzenverleiherin Sayoko ist ein Mensch, der Katzen anzieht. Leider nur Katzen. Seit ihre Oma gestorben ist, lebt sie allein mit etlichen Miezen jeden Alters. So richtig einsam ist sie deshalb gar nicht: immerhin muss sie sich durch große Banner in ihrer Wohnung stets daran erinnern, dass es jetzt an der Zeit wäre, zu heiraten.

Zunächst muss sie sich aber um die Kundschaft kümmern, die dringend den Katzenservice benötigt: eine alte Dame, deren Mann gestorben und deren Sohn ein herzloser Idiot geworden ist, der Familienvater, der für den Job seine Familie verpasst hat, und eine Art Kollegin, die statt Katzen Autos vermietet, was definitiv nicht so gut gegen Einsamkeit wirkt. Sie alle bekommen eine Katze geliehen, was jedesmal nach einem strengen Ritual verläuft. In dessen Verlauf lernen wir Sayokos Nebenjobs kennen: Börsenmaklerin, Wahrsagerin und Jingle-Komponistin sind nur drei davon, alle ausgeübt mit Hilfe einer tatkräftigen Miezekatze.

Kurzzeitig sieht es so aus, als käme etwas Romantik in Sayokos Leben, aber der junge Mann erweist sich als Lügner und Dieb, und so ist sie am Schluss eigentlich ganz zufrieden damit, weiterhin mit ihren Katzen die Löcher in anderer Leute Leben zu stopfen.

Rentaneko ist ein rundum reizender Film, aber gerade skurril genug, um nicht zuckrig zu wirken – also Hello Kitty für Hippies. Ich habe zwei Stunden am Stück gelächelt: der Film ist pure Seelennahrung, so wie Spaghetti Carbonara, Karamellbonbons oder Musik von Bonnie Prince Billy.

Am Anfang habe ich überlegt, ob es eigentlich dekadent ist, wenn jemand im katastrophalsten Jahr Japans seit dem zweiten Weltkrieg so einen süßen Film macht. Gestern früh im Halbschlaf fiel’s mir aber wie Schuppen von den Augen: Im Film werden Löcher gestopft: Löcher in
Strümpfen, Löcher im Pudding, Löcher in Donuts, Löcher in Herzen. Und bei den vielen frischen Löchern in Herzen, Lebensläufen, Familien, sowie dem riesigen Loch im Land selber (No Man’s Zone) ist das genau der Film, den Japan braucht.


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2 Antworten zu „Hello Kitty!“

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