Mostar, brückenlos

So überschreibt Katja Lüthge ihre Besprechung von "A Stranger" (Obrana i zastita) in der Frankfurter Rundschau. Und da ichs besser auch nicht kann, hier ein gekürztes Zitat: 

Es dauert ein wenig, bis man sich als Zuschauer im Geschehen orientiert und die Nöte des Protagonisten ahnt. Ein katholischer Kroate erfährt vom Tod eines ehemals engen Freundes, einem muslimischen Bosnier, der im anderen Teil der Stadt beerdigt werden soll. Die Frage, ob er und seine Frau an der Trauerfeier teilnehmen sollen, zerreißt den Mann innerlich. Rastlos bricht er auf, um eine Autorität zu befragen, die er trotz stundenlangen Wartens aber nie treffen wird. Er überwirft sich mit seiner Frau und seinem Sohn, wird von Freunden scheinbar allein gelassen – die Situation überfordert den Mann anscheinend vollkommen. Viel Anlass zur Hoffnung auf eine baldige Verständigung zwischen den tief gespaltenen Bevölkerungsgruppen bietet "A Stranger" nicht. Unsichtbare Grenzen und Denkverbote bestimmen auch 19 Jahre nach Kriegsende das Leben in Mostar, aller symbolischen Brückenrekonstruktion zum Trotz. Der Gang durch die Stadt, den Slavko und seine beschwerlich gehende Frau schließlich antreten, gleicht einem absurden Irrlauf durch vermeintlich vermintes Gelände.

Kein sensationeller Film, aber eine sehenswerte Zustandsbeschreibung Bosnien-Herzegowinas heute und ein gelungenes Porträt der Auswirkungen von tiefer Angst und Verunsicherung auf Menschen, zumal in patriarchal geprägten Gesellschaften.

 

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