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The Forbidden Room

Habe das Filmeschauen mal wieder beim Meister-Geschichtenerzähler Guy Maddin begonnen, und wurde nicht enttäuscht. The Forbidden Room. Vor der Projektion hiess es, es seien 25 „verlorene“ Filme, die er nacherzählt habe, hinterher sager er, dass er mal eine grafische Idee, manchmal eine akustische Idee oder aber nur den Titel eines Themas als Ausgangspunkt genommen habe. Die Beschreibungen zum ganzen Film beginnen meist mit der Wiedererzählung des ersten Handlungsstranges, um dann bald abzubrechen, ob der Fülle des Materials.
Herausgekommen ist eine fantastische und unbeschreibliche aber logische Schachtelung von Geschichten, die alle etwas miteinander zu tun haben, so absurd und konstruiert das im einzelnen Moment auch erscheinen kann. Jede Geschichte hat ihre eigene visuelle Einheit, und es sind besonders die rauhen, fast manuell gezeichnet wirkenden Oberflächen, die Maddin digital erschaffen hat, und die eine magische Anziehungskraft auf mich hatten. Dabei gelingt es ganz beiläufig von einer visuellen Form einer Geschichte in die andere überzuleiten und zurück. Über absurde Dialoge, wie „Holstein Schleswig“ oder „gardener boy sought“ wird dramatisiert, und mit wenigen bewegten Farbhighlights im Bild werden frappierend plötzlich nur noch wenige Dinge für das Auge wichtig – das ist grosses Kino, im eigentlichen Sinne.
Maddin hat nach eigener Aussage in diesem Film damit experimentiert, gemeinsam mit Anderen zu schreiben, und davon ein Projekt ins Internet zu stellen, mit dem man Kombinationen von gedrehten Filmteilen zu ganzen Filmen zusammensetzen konnte, was im Prinzip funktionierte, aber auch zu viel Arbeit verursachte. Letztlich ist er mit einem Kollegen dann darauf gekommen, dass es sinnvoller ist, sich darum zu kümmern, wie man Geschichten so aufbaut, dass sie sich tatsächlich „endlos“ schachteln lassen. Also wie über den Mann, der erklärt, wie das Baden in einer Wanne funktioniert, was in das Innere eines UBootes überleitet, zu einer UBoot-Crew, die nicht mehr genug Luft zum Atmen hat, und die daher die Luftblasen aus mitgebrachten Pfannkuchen saugt. Bis plötzlich einer aus einer Luftschleuse aus der Wand fällt und dahin aus einem Wald kam, was wiederum den dem Erstickungstod Nahen die Möglichkeit bietet, im Wald auf die Suche nach einer Frau zu gehen und sie zu befreien, Knochen zu heilen, Vulkane oder Salamander zu befragen usw.
Maddin hat sich die Freude gemacht, einige Teile live zu drehen im Centre Beaubourg in Paris und im Centre Phi in Montreal. Das ist sehr unerwartet, da man die Aufnahmen für artifizielle Studioaufnahmen hält. Tatsächlich sind es aber nachbearbeitete Aufnahmen aus eher normalen Kulissen.
Ein sehr erholsames Filmerlebnis nach 8 Jahren ohne neuen Film von diesem Meister! Und erholsam da es manchmal wirklich nach „ehrlicher Handarbeit“ aussieht, auch wenn es digital ist.
Ach so, das Drumherum: Schlangestehen im Delphi hat meine Erwartungen nicht erfüllt, ich würde es jetzt nicht mehr als unbedingt zur Berlinale gehörig zählen. Das passiert, wenn man ein bisschen zu weit an der Türe zur Strasse stehend warten muss. Dort haben sich die Menschen noch nicht zwischen Drängeln und Warten entschieden.


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