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Al Gami’ya – ein feministischer Blick in eine patriarchale Gesellschaft

 

Der Regisseurin Reem Saleh ist ein anrührender Einblick in fremde Frauen-Leben in einem patriarchalen Kontext gelungen und die Dokumentation von Lebenswegen ohne einen regelnden Staat. Sie kommentiert durch ihren feministischen Blick, ihre Parteilichkeit, ihr Mitgefühl.

Im lauten, dreckigen, verfallenen Kairoer Stadtteil Rod el Faraq – dem Heimatviertel ihrer Mutter in Kairo und nicht einem der ärmsten, wie sie im Filmgespräch kommentiert – begleitet sie vor allem die Frauen.

Sie sorgen für Essen, Wohnung, Kranken-Pflege und meistenteils auch das Einkommen. Sie haben die Verantwortung für die Kinder, sie handeln aus, streiten und vertragen sich. Sie versorgen, lieben, stützen und verlassen ihre Männer – und werden von ihnen zurückgeliebt, aber auch schlecht behandelt und verlassen.

Und Scheidungen scheinen von beiden Seiten auszugehen und initiiert werden zu können. Hätten wir das mit Ägypten assoziiert? Eine der Protagonistinnen heiratet den Vater ihrer Kinder dreimal…

Diese Menschen sind so emotional und unmittelbar, wie es in unserer individualistischen, leistungsorientierten westlichen Welt kaum mehr denkbar ist… was ist also individuelle Freiheit, wenn der Bezug zum eigenen Sein unter Selbst-Optimierung begraben wird?

Zentrales Element der Selbstorganisation des Viertels ist ein Sparverein – und die Abwesenheit staatlicher Ordnung. Religion scheint regelnd zu wirken, aber nur sehr am Rande, mehr durch die Rituale im Jahreskreis und allgemeine Überzeugungen und Haltungen – vor hundert Jahren war das auch in Deutschlang so noch nichts Ungewöhnliches.

Allerdings wird auch gezeigt, wie schnell hier kleine Mädchen gross werden und viel zu früh zu viel vom Leben verstehen. Das vielleicht verstörendste Element ist die selbstverständliche Allgegenwärtigkeit von weiblicher Beschneidung. Hätten wir das mit Kairo assoziiert?

Der Film heißt auf englisch: What comes around – es kommt wie es kommt. Auch diese Haltung ist den leistungsgetriebenen Zeiten, in denen wir im Westen leben, fremd geworden.


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