Voller Berlinaletag

Ausgiebiges Frühstück mit Besuch im Café Meyan (sehr zu empfehlen), Friedrichstadtpalast, Cinemaxx, International, zu kurze Pausen dazwischen – komme gar nicht mehr zum Mitschreiben. Heute war mit drei sehr unterschiedlichen und großartigen Filmen ein voller Berlinaletag.

Khook von Mani Haghighi im Wettbewerb. Das ist eine sehr lustige Filmbusiness-Metaebenenen-Komödie oder so etwas: Regisseur Hasan hat Drehverbot, und muss Werbefilme drehen (wunderbar, das Kakerlakenballett, bei dem orange verkleidete Tänzerinnen eingenebelt werden und dann blauen Schleim – aus Österreich! – spucken und sterben, Werbung für Insektenspray, das bei der Auftraggeberin leider nicht sehr gut ankommt), seine Hauptdarstellerin und Geliebte läuft zu seinem Konkurrenten über, einem aufgeblasenen Schwafelkopf, außerdem werden Regisseure geköpft – zuerst Mani Haghighi himself, der bestimmt Spaß hatte, seine eigene Trauerfeier zu inszenieren. Hasan ist schwer gekränkt, weil der Killer ihn ignoriert,… Großartiges splatteriges Finale, viel Spaß!

Dann Kontrastprogramm: Fortuna von Germinal Roaux in Schwarzweiß. Eine Flüchtlingsunterkunft bei Mönchen in einem abgeschiedenen Kloster in den Schweizer Bergen, Schneelandschaft, Einsamkeit. Fortuna ist vierzehn und aus Äthiopien. Die Flucht über das Mittelmeer bereitet ihr jede Nacht Alpträume, außerdem ist sie schwanger, was sie niemandem sagen kann. Der Kindsvaterhallodri, auch ein Flüchtling, fürchtet, dafür in den Knast zu gehen und taucht unter. Zuflucht findet Fortuna bei den Tieren, die sie versorgt, den Hühnern und der Eselin. Der Schwarzweißfilm enthält so viel Trost- und Aussichtslosigkeit, so viel verzweifelte Verstocktheit bei Fortuna, so viel herzlose Vernunft bei wohlmeinenden Amtspersonen, und es braucht tatsächlich einen katholischen Mönch (Bruno Ganz – großartig), um das Recht des Mädchens auf ihre eigene Entscheidung einzufordern. Eine Lösung ist das aber noch längst nicht.

Und noch ein Kontrastprogramm: Profile von Timur Bekmambetov. Ein Film, der nur auf dem Computerbildschirm von Amy Whittaker spielt, selbst ernannte Undercoverjournalistin mit Geldsorgen und der Hoffnung auf eine Festanstellung, wenn sie die Knallerreportage über die Rekrutierung junger Britinnen durch den IS bringt. Sie legt sich ein neues Facebook-Profil als Konvertitin zu, teilt ein paar radikale Videos und gerät in Kontakt mit Bilel. Der gibt den radikalen Kämpfer, macht ihr aber auch Komplimente und versucht recht schnell, die Beziehung voranzubringen und Amy alias Melody zur Reise nach Syrien zu bewegen. Es ist unglaublich, wie schnell sie gleichzeitig tippt, die Skype- und Telefonanrufe verschiedener Personen jongliert, zwischen Anwendungen hin und her springt und Dinge googelt, die Bilel erwähnt. Sie ist dabei einigermaßen leichtsinnig, was ihre Umgebung angeht, und ich befürchte ständig, er könne auf ihrem Bildschirm oder im Hintergrund verräterische Dinge entdecken und sie könnte auffliegen. Sie gerät immer tiefer in ihre zweite Identität und ist irgendwann bereit, in die Türkei zu fliegen, um ihn zu treffen, was beim Zuschauen wirklich schwer auszuhalten ist…

Der Film basiert auf dem Buch von Anna Erelle – hier ein Artikel auf der Website des Guardian „Skyping with the enemy: I went undercover as a jihadi girlfrind„. Ich glaube, sie war nicht ganz so unvorsichtig wie Amy im Film.

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