Al Murhaqoon (The Burdened) von Amr Gamal ist der erste Film aus dem Jemen, der jemals auf der Berlinale gezeigt wurde. Isra’a und ihr Mann Ahmed haben drei Kinder, die wirtschaftliche Krise ist belastend, sie müssen aus ihrer Wohnung in eine billigere ziehen – eine furchtbare Bruchbude. Ahmeds Gehalt beim Fernsehen wurde seit Monaten nicht ausbezahlt, Fahrer eines Kleinbusses zu sein, ernährt kaum die Familie. Die Schuluniform für den Jüngsten sprengt schon das Budget. Als dann ein Pickup mit Milizen rücksichtslos den Bus von hinten rammt, ist die Reparatur eigentlich nicht zu stemmen.
Es gibt auch Leute, die sich mit dem System arrangiert haben: Isra’as Schwager, der in Uniform zum Essen kommt und seine Knarre auf dem Tisch rumliegen lässt. Der verdient offensichtlich eine Menge Geld. Dann sind da die ehemaligen Kollegen, die Ahmed nahelegen, für einen der neuen Privatsender zu arbeiten. Dafür will Ahmed sich aber nicht hergeben, weil er sich da bei korrupten Leuten anbiedern müsste.
Als Isra’a wieder schwanger ist, entscheiden sie sich zur Abtreibung. Dazu gibt es unterschiedliche Auslegungen im Islam: Es gibt Lehrmeinungen, die dem Fötus ab Tag 1 eine Seele zusprechen, aber auch solche, für die die Seele erst mit 45 oder 120 Tagen existiert. Es geht jetzt darum, eine Ärztin zu finden, die bereit ist, den Abbruch durchzuführen. Isra’as alte Freundin Muna ist Ärztin. Sie ist eine sehr religiöse Person, die ganz in schwarz gekleidet ist, und bevor ein Mann das Sprechzimmer betritt, zusätzlich zum Hidschab noch einen Niqab umbindet. Sie versteht aber auch ihre alte Freundin und gerät in eine große Gewissensnot.
Was wir im Anschluss bei der Q&A erfahren: Im Jemen gibt es keine Kinos mehr. Um ihren ersten Film in Aden zeigen zu können, mieteten Regisseur und Produzent große Hochzeitssäle mit ansteigender Bestuhlung an. Sie bauten selber eine große Leinwand und brachten den Projektor mit. Die Vorstellungen waren dann monatelang ausverkauft. So werden sie auch Al Murqahoon zeigen und hoffen, dass wieder viele kommen. Alles Gute dafür!
Kommentare
2 Antworten zu „The Burdened“
Kleine Anmerkung: der Film heisst ‚Al Murhaqoon’… und auch uns beeindruckte er sehr – weil er visuell und in den Dialogen zum Ausdruck bringt, wie ausgelaugt und zerstört und verwahrlost dieser ehemals so liebliche Landstrich und seine Menschen von nicht enden wollender extremer Ausbeutung sind.
Dies war das Land der Königin von Saba! Und Aden galt als ‚Perle am Roten Meer’… es gibt (gab?) jahrhunderte-alte Lehmhochhaus-Bauweisen im Jemen, die zum Welt-Kulturerbe gehören.
Noch sind in Gestalt von sehr dekorativen und praktischen Holz-Veranden und eleganten Holzbooten Reste der lebenswerten Stadt zu sehen, aber auf den Hügeln rundum kein Baum und kein Strauch mehr… und die Menschen müssen auf der Strasse laufen, weil die Gehwege zum Parken benutzt werden.
Und ihre Kinder schicken sie auf teuer zu bezahlende Privatschulen, weil die staatlichen Schulen sowohl Indoktrination als auch wertlose Abschlüsse bedeuten würden…
Die Widerständigkeit des Eltern-Paares und die Kraft, die es braucht, dies aufrecht zu erhalten, fängt der Film beeindruckend ein – und wir wünschen ihm viele viele Zuschauer in hoffentlich vollen Hochzeitssälen… was für ein sinnfällig gewählter Ort!
Achso: einen Preis hat er auch schon bekommen… den Amnesty-International-Filmpreis… sehr sinnfällig! Herzlichen Glückwunsch!!!