Die Retrospektive steht dieses Jahr unter dem Motto „Wild, schräg und blutig“ – das Plakat zeigt Evelyne Kraft als Vampirin im weißen Kittel. Das hat mir so gut gefallen, dass ich den Film sehen wollte: Lady Dracula von Franz Josef Gottlieb.
Sagen wir mal so: die 70er Jahre waren schon reichlich bekloppt, und der Film ist nicht wirklich gut gealtert. Der Sarg der im 19. Jahrhundert vom Vampir gebissenen jungen Frau wird bei Bauarbeiten in Wien gefunden, sie entkommt und wird zunächst einmal Leichenkosmetikerin. Als die Blutkonserven ausgehen, mit denen sie den Verblichenen einen rosigen Teint beschert, vergreift sie sich an lebender Beute. Die Polizei steht angesichts mehrerer blutleerer Mordopfer vor einem Rätsel.
Es gibt tolle gelbe Outfits, schlimme Dialoge, peinliche Anzüglichkeiten und viel Klamauk. Als Zeitzeugnis der 70er vielleicht interessant, aber es wäre nicht unbedingt nötig gewesen.
Kommentare
2 Antworten zu „Lady Dracula“
Du bringst es auf den Punkt: die 70er Jahre waren schon schlimm genug mit ihren gruseligen Rollenklischees, ihren Grobheiten und Anzüglichkeiten, ihrer Männertümelei. Erinnert ihr euch noch an den „Sonntags-Frühschoppen“ im Fernsehen? Als ich dann die Retro-Auswahl sah, konnte ich es kaum fassen: dumme Schenkelklopfer schlimmster Sorte; das Haarmann-Klischee, mit dem die Nazis ihren Terror gegen Homosexuelle begründeten und das vermutlich mehr mit NSU gemein hat, als bisher ergründet… und das Vampir:innen-Klischee von der fügigen gefährlichen Frau, auch so ein Rechter-Rand-Topos… und Fernseh-Ballett, aus der DDR natürlich… nur Regisseure, natürlich. Nach Dieter Wedel hatte ich gemeint, wir hätten es hinter uns! Ich rannte innerlich schreiend davon. Und das in einem Jubiläumsjahr, ohne jede Kontextualisierung! 75 Jahre Berlinale ist ja nicht irgendwas… Die hätte wohl allen Anlass sich mit ihrer diesbezüglichen Geschichte mal auseinanderzusetzen á la Documenta-Ausstellung im DHM. Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, diesen „Rechte-Männer-Kram“ im Archiv und den pädagogischen Programmen der Film-Hochschulen zu überlassen. Und für das Jubiläumsjahr hätte ich mir etwas ganz anderes gewünscht…
Ja, genau, liebe Uta, sehr gut auf den Punkt gebracht!