Habt Ihr Euch auch von der staubtrocken Film-Beschreibung abschrecken lassen? "Alltag der Menschen, die an einer geplanten Trasse zwischen Bulgarien, Mazedonien und Albanien leben" – na Klasse. Aber das kleine Bildchen im Forums-Programm (Schafe überqueren Autobahn) ließ meine Sensoren vibrieren. Und tatsächlich: ein lebendiger, lustiger Film über ein EU-Infrastrukturprogramm!
Ausgangspunkt war für den Regisseur, dass er von Sofia nach Tirana reisen musste, und dabei festgestellt hat, dass es weder mit Bahn, Bus noch Flugzeug eine Verbindung zwischen diesen beiden Städten gibt. Die EU hatte das auch schon festgestellt und daher Ende der 1990er Jahre den Plan für einen "Corridor", einer Straßenverbindung, zwischen dem Roten Meer und der Adria proklamiert, der in Teilen realisiert wurde (in anderen, recht entscheidenden Teilen jedoch nicht…) .
Die Filmemacher haben sich daraufhin auf ein "Road Movie on a Road that doesn’t exist" begeben, in dessen Verlauf man Absurditäten und Geheimnisse kennenlernt (z.B. eine ganz selten Form des Islam mit einem Schrein, den 2001 wunderbarerweise 200 Granaten verfehlt haben), Kinderarbeit, eine japanische Spieluhr, die einen Frachthafen beschallt (Szenenapplaus!), Blutrache und vieles mehr. Die größte Absurdität besteht darin, dass diese Straße "endlich" Nationalstaaten mit einander verbinden soll, deren Grenzen vor nicht allzu langer Zeit in eine Gegend gelegt wurden, in der es nie irgenwelche kulturellen und ethnischen Homogenitäten gegeben hat, und dass dabei ethnische Gruppen, Familien und Generationen erst einmal gewalttätig auseinanderdividiert wurden.
Der Film hat es nicht nötig, das explizit zu sagen – er bleibt heiter bis zum Schluss, an dem wir den Komponisten des "Corridor #8-Liedes" kennenlernen und dieses Lied beim Rausgehen noch pfeifen. Obwohl die EU das "Corridor"-Programm mittlerweile gecancelt bzw. umbenannt hat. Bei so viel Absurdität hilft nur Heiterkeit.